Herzensmenschen

Dienstag, 9. September 2014

Wenn ein längst vergessener Traum wahr wird

Mein Kopf scheint leer, obwohl sich gerade alles in mir überflutet fühlt. Viel zu oft versuchte ich nun schon Worte für die Begegnung am letzten Samstag zu finden, doch finde ich nichts, was meinen Gedanken Ausdruck verleihen könnte. Mir fallen keine Worte ein, um meine Gedanken und Gefühle in seidenweiche Worte zu hüllen. Nun fieberte ich seit beinahe drei Jahren ein zufälliges Treffen entgegen. Ich wollte ihn noch einmal außerhalb des Ortes treffen, an dem alles begonnen und zu Brüche gegangen war. Wollte ihn sehen, wollte seine Rektion sehen, wenn er mir ins Gesicht, in die Augen blickt, sehen wie die Erinnerungen Besitz von ihm ergreifen und habe gewünscht etwas von seinem Ausdruck ablesen zu können.  Hatte befürchtet, er würde mich übersehen, einfach weitergehen, wegschauen. 
Zuletzt war es die Überzeugung, die mich geblendet hatte. 
Überzeugt war ich gewesen, dass ich mit ihm und der Geschichte abgeschlossen hätte. Unsere Freundschaft habe ich schon längst für beendet gesehen. Die Trauer um Vergangenes hatte ich überwunden geglaubt und mein inneres Auge weinte lediglich der Vertrautheit nach, denn diese empfand ich als einzigartig. Es war etwas so unergründliches, ein Netz gesponnen aus der Hoffnung auf Besserung, der Angst es zu verlieren, Gedanken, die wir teilten und dem Schmerz, der aus dem Kuss der Klinge entstand. Im Wandel der Zeit zerbrachen wir an der Unendlichkeit der Wandlung. Ich lebte in einer anderen Welt und verlor den Bezug zur Wirklichkeit. 
Heute weiß ich, dass diese Konstellation zum scheitern verurteilt war, dennoch trauere ich dem hinterher. Alles erschien mir für kurze Zeit einfach, leicht und ich hatte das Gefühl mich selbst zu beherrschen. 
Ich dachte, ich hätte all das hinter mir gelassen, hätte die Realität gefunden, würde fester im Leben stehen. Es war nicht mehr als eine Erinnerung an eine schöne Zeit, ähnlich wie Kindheitserinnerungen, als die Eltern noch Helden waren und man alles, was sie taten, für richtig gehalten hatte, ehe man bemerkt, dass man zu geblendet und zu naiv war, um zu merken, wie falsch alles war. 
Ich verschwendete schon lange keinen Gedanken mehr an die Zeit. Letzte Woche jedoch verspürte ich den plötzlichen Drang mir die Briefe von ihm damals und die von mir verfassten Zeilen über ihn durchzulesen und schmunzelte über dieses warme kribbeln, eine Mischung aus Gefühlen, die er damals in mir weckte gepaart mit dem bitteren Nachgeschmack der Zeit, die alles in sich verschlingen und in Vergessenheit geraten ließ. 
Einen halben Tag später, waren diese Gedanken wieder verflogen und ich verspürte nicht einmal mehr Wehmut.
Samstag kam dann der Tag, von dem ich gedacht habe, er würde nicht mehr eintreten, den ich schon fast vergessen habe.
Es war warm und die Luft triefte beinahe vor Feuchtigkeit, als ich am Abend noch zum Angelshop am anderen Ende der Stadt fahren musste, um einen Gutschein für meinen Vater zu holen. Vor mir an der Kasse war der Verkäufer mit einer Reklamation beschäftigt, sodass ich eine gefühlte Ewigkeit zu warten hatte. Die elektronische Türklingel gab ein leises Bimmeln von sich und ich schaute automatisch hin. Ich fühlte mich erstarrt, als ich ihn erblickte. Er bliebt stehen und regte sich einen schier unendlichen Moment nicht. Er sah mich an, so eindringlich, als würde er durch mich durchblicken. Geschminkt mit einer zu kurzen Short, die vernarbten Beine unbedeckt und im T-Shirt meines Freundes  und mit verschwitzem Haar stand ich vor ihm und beobachtete seine Augen, wie sie meinen Körper von unten bis oben musterten. In meinem Gesicht angekommen starrte er mir in die Augen und so standen wir einige Sekunden voreinander, bis wir uns aus der Reglosigkeit befreiten, ich zur Seite blickte und er seinen Weg ins innerste des Ladens fortsetzte. Dieser Moment fühlte sich nach alles und nichts gleichzeitig an. An seinem Blick konnte ich schließen, dass es ihm ähnlich zu ergehen schien wie mir. Hingegen aller Erwartungen spürte ich von beiden Seiten her ein unglaublich zähes und schreckliches Gefühl: Überforderung!  
Es zerreißt mich, dass aus einer so wundervollen Verschmelzung zweier Gedankenströme nun nur noch Überforderung geblieben ist. 
In den ersten Momenten nach der Begegnung dachte ich, ich würde wieder anfangen den Träumen und den Hoffnungen von damals hinterherzuhetzen. Meine Gedanken ununterbrochen um ihn drehen würden, ich mir ausmalen würde, wie es wäre, ihn als festen Bestandteil in meinem Leben zu wissen. Ich war verwirrt, mochte mich meinen Gefühlen nicht stellen, habe versucht zu fliehen, habe ihn in meinen Träumen gesehen und mich überwunden, damit auseinanderzusetzen.  
Und nun? - Jetzt weiß ich, dass es eine wunderbare Zeit war, wir keine Chance haben, es wie früher werden zu lassen, denn zu viele Faktoren haben sich in unser beider Leben verändert und es würde nur schmerzen, wenn wir das alles zu wiederholen versuchen. Es war eine schöne und prägende Zeit, in der ich gelernt habe, was wirklich Freundschaft, Vertrauen und Glückseligkeit bedeuten. Mir haben die Tage mit ihm gezeigt, wie schön das Leben sein kann und dass es lohnt zu kämpfen. Er hat mir auf seiner Weise gezeigt, dass sich immer wieder eine Tür öffnet und man nur mutig genug sein muss, um durch sie hindurch zutreten. In einen neuen leeren Raum, den man mit Möbeln und Dekoration einrichten kann, dass man aus einem Berg aus Asche etwas bauen kann, solange man fest daran glaubt und sich traut etwas zu wagen. Das kann ich jetzt mit gutem Gefühl sagen, auch wenn es für mich einen sauren Beigeschmack hat, denn das, wovon ich früher nächtelang träumte, habe ich nicht gewagt und jetzt ist es zu spät, aber vielleicht, so hoffe ich zumindest, war das auch etwas, woraus ich lernen konnte..

2 Kommentare:

  1. Hey, es ist total schön mal wieder von dir zu hören :)
    Vielleicht haben wir wirklich die Chance, mehrere Wege zu gehen. sie wieder zu verlassen und einen neuen einzuschlagen. Aber ich habe so viel Angst, den falschen Weg zu wählen, dass ich lieber gar keinen nehmen. Ich weiß, dass die Angst mich zu sehr in der Hand hat. Ich weiß nur nicht, wie ich mich von ihr befreien kann.
    Du hast recht. Ich hätte dem Zugfahrer das Leben zur Hölle gemacht und ich bin froh es nicht getan zu haben. Wenigstens eine gute Sache an der Geschichte. Sollte ich bald wieder an den Punkt kommen, würde ich auch einen anderen Weg wählen. Hochhaus. Dann muss niemand mitleiden, niemand muss mich in einer Blutlache oder mit einem Loch im Kopf finden. Dann liege ich einfach nur tot da. Ich würde Menschen wehtun, ich weiß. Aber die Menschen, die verletzt wären, kämen sicher auch ohne mich klar -.-
    Ok, ich bin froh, dass das Layout so passt :)
    LG <3

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  2. Oh WOW, deine Art zu schreiben hat mich sehr berührt! Mach weiter so, du hast ein großes Talent dafür! Man hat wirklich das Gefühl, man liest sich grade in einen Bestseller rein. Alles Gute für dich.<3 Cubby

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Liebe Worte sind immer gern gesehen <3