Herzensmenschen

Freitag, 5. September 2014

Heute will ich Leben.

Im Moment fühle ich mich so zerrissen wie lange nicht mehr. 
Meine Brust schmerzt vor Trauer und vor Einsamkeit, während ich auf der anderen Seite euphorischer denn je bin. Ich spüre, wie die Depression ihr schweres Netz über mich gelegt hat und mich immer näher an sich heranzieht. Und was mache ich? Lachen. Ich benehme mich, als gäbe es diese Gefühle in mir nicht. Schlucke bittere Tränen herunter, mache Quatsch und wirbel den halben Tag rum, als wäre nichts. Eigentlich will ich das alles nicht tun, ich möchte meiner Trauer ausdruck verleihen, die Menschen sollen sehen, dass es mir nicht gut geht im Moment, ich möchte Lieder hören, bei denen ich weinen kann und möchte meinen Tränen freien Lauf lassen. Für all das, was ich nicht mache, hasse ich mich. Ich vertusche die dunklen Gedanken und werde so nur noch einsamer, lasse niemanden mehr teilhaben an meinen Gefühlen und spiele allen nur das vor, was sie sehen und hören wollen und bringe mich dabei nur selbst um. Ich spiele, verbiege und verstelle mich, werde wieder zu einer Person, die ich gerne wäre aber schlicht und ergreifend nicht bin. Ich kann nicht das Leben einer fiktiven Person leben, kann nicht so tun, als sei nichts. Wenn ich da nicht wieder rauskomme, werde ich mein Leben wieder vollkommen gegen die Wand fahren, obwohl ich doch einen so großen Fortschritt in der Klinik gemacht habe. Endlich, nach sechs Jahren, kann ich aufrichtig sagen, dass ich Leben will. Fast sechs Jahre habe ich beinahe täglich an Suizid gedacht, für mich wurde es schon zur Normalität. Ich gehe die Straße entlang und sehe vor meinem geistigen Auge, wie ich mich vor einen LKW schmeiße, jedes Mal, wenn ich auf die Autobahnbrücke gegangen bin, habe ich vor mir gesehen, wie ich die fast 30 Meter in die Tiefe stürze und auf dem Asphalt zerschelle.
Erst jetzt, wo es vorbei damit ist, merke ich, wie befreiend sich diese Gewissheit anfühlt. Ich dachte immer, dass es keinen Unterschied machen würde, doch im Grunde ist er so gewaltig groß, dass es schon beinahe beängstigend ist, was ich damals alles gedacht habe, obwohl es mir normal vorkam.

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