Herzensmenschen

Donnerstag, 24. Juli 2014

Nachträge der letzten Wochen *Ja ich lebe noch*

08.07.2014

Heute bin ich entlassen worden. Eigentlich finde ich es total schade und weiß im Moment nichts mit meinem Leben anzufangen. In der Klinik hatte ich ein Leben, das normaler war, als mein Leben außerhalb. Ich habe nun gut einen Monat nicht mehr an einen Suizid gedacht und auch das Verlangen mich zu schneiden blieb aus. Ich habe einige verdammt liebe Leute kennengelernt, die ich vermissen werde. Ich werde sowieso die Nachmittage und Abende vermissen, an denen ich draußen mit einem Tee gesessen habe und mich mit ein paar Leuten unterhalten habe. Zwar kamen in der letzten Zeit viele Leute von der geschlossenen Station zu uns rüber und haben alles durcheinander gebracht und überall ihren Dreck und Müll liegen lassen und haben mit ihrem Verhalten uns alle beeinträchtigt, aber oder vielleicht auch gerade deshalb haben wir 'anderen' uns so gut verstanden. (- Mit dieser Bemerkung möchte ich niemanden zu nahe treten, der schon einmal auf einer geschlossenen Station war, denn ich habe auch viele kennen gelernt, die dort waren und auf meine Station kamen und welche sich total gut integriert haben und an ihrer Genesung interessiert waren, dennoch lernte ich auch viele kennen, die ihre Therapien geschwänzt haben und bis in die Puppen geschlafen haben und nach 1,5 Tagen wieder zurück gegangen sind, weil das doch nichts für sie war..)
Nun sitze ich aber allein zu Hause und weiß gar nicht, was ich mit mir anfangen soll. Ich wäre gerne noch länger geblieben, aber ich denke dann wäre der Abschied noch schwerer gefallen. Ich denke ich werde ein wenig Zeit brauchen, bis ich mich wieder eingefunden habe und mein Leben eine normale Richtung läuft. Den ersten Schritt gibt es für mich am Sonntag, denn da muss ich zum Finale der WM und beim Public Viewing arbeiten.

11.07.2014

Auch wenn ich mich die letzten Tage über ziemlich hilflos und fehl am Platz gefühlt habe, habe ich viel geschafft. Ich habe mein Zimmer aufgeräumt, bin jeden Tag mit dem Hund gegangen, war in der Stadt und habe meine Blumentöpfe endlich fertig bekommen. Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich mich mit ganz anders. Ich fühle mich, als hätte sich meine Ausstrahlung ins positive verändert. Ich hoffe, dass es so bleibt, denn mit dieser Lebenslust macht mir das Leben wirklich richtig Spaß..

13.07.2014

Letzte Nacht hätte mich die Klinik beinahe wieder gehabt. Mitten in der Nacht hörte ich im Halbschlaf ein lautes Klirren. Anfangs dachte ich, es sei mein Freund oder mein Hund, doch konnte ich es mir nicht erklären. Irgendwann wurde es mir schlagartig bewusst, dass es Glas war, welches splittert. Ich wusste sofort, dass es mein Bruder ist, der scheinbar ausrastet. Schnell habe ich mir was übergezogen und bin zu meinen Eltern ins Schlafzimmer und habe sie geweckt. Mein Bruder hinterher hat rumgeschrien und ist abgehauen. Circa 10 Minuten später kam er wieder rein, ist in die Küche gestürmt und hat wirklich alles gegen die Wand geschleudert. Meine Eltern haben versucht ihn zu halten, er schlug um sich und bekam Nasenbluten vor Aufregung. Nach etwa ner halben Stunde rangeln, vergeblichen Versuchen ihn zu beruhigen und einer zerstörten Küche kam es so weit, dass ich die Polizei rief. Es dauerte noch einmal ne viertel Stunde bis sie endlich kamen und meinen Bruder sofort nahmen und ihn zur Besinnung brachten. Am Ende kam dann raus, dass seine (Ex)Freundin ihn wieder vollkommen verarscht hatte. Sie spielt schon eine ganze Woche mit ihm. Sagt, dass sie Schluss macht, ein wenig später kommt sie an und will ihm noch ne Chance geben. Dann rufen ihre Freundinnen nachts bei meinem Bruder an und erzählen ihm, was seine Freundin angeblich grade mit anderen Kerlen macht, die Mutter hat ihn über Whatsapp beschimpft und an dem Abend scheint es eskaliert zu sein. Er hat getrunken und dann sind ihm um halb 2 in der Nacht alle Sicherungen durchgebrannt. Ich hatte letzte Nacht beinahe einen Nervenzusammenbruch. Ich bin nicht eine Woche aus der Klinik und schon musste ich wieder Mutter der Familie spielen. Das ist einfach zu viel für mich, sowas packe ich (noch) nicht.. Und zu allem Übel musste ich dann um halb 4 am Morgen das gesamte Zimmer meines Bruders aufräumen, nachdem er meine zwei Wandspiegel, die in sein Zimmer ziehen mussten, weil die Freundin meines Bruders sich zu fein war einen kleinen Handspiegel zu nutzen.., zerschlagen hat.. Nun habe ich keine Spiegel mehr, muss mir nun auch noch einen neuen kaufen, und das allertollste ist, dass ich heute Abend noch arbeiten muss und es wahrscheinlich spät wird..
Welcome Back Jinny, du bist wieder im Dschungel...

14.07.2014

Public Viewing gestern war der Hammer! Zwar habe ich nicht viel vom Spiel gesehen, aber die Stimmung war atemberaubend. Je näher die Nacht kam, desto höher war der Alkoholspiegel aller anwesenden. Die Leute waren ausgelassen und den ganzen Abend wurde geflirtet. Selbst mich sprachen noch nüchternde Kerle an und haben mir Komplimente gemacht. Das Trinkgeld hat natürlich an dem Abend auch gestimmt, was auch daran lag, dass ein paar Herren Mal für Mal an den Stand kamen, an dem ich gearbeitet habe und sie mir ein paar Euro Trinkgeld zahlten, wenn ich denen das Bier frisch gezapft habe und über deren flachen Witze gelacht habe.. Aber Ende durfte ich auch erfahren, dass ich 5,50€ mehr Stundenlohn als gewöhnlich bekam und ein gesponsertes Trikot behalten durfte. Ich habe auch einige Leute getroffen, die ich kannte, leider blieb nicht viel Zeit zum reden... Einzig die Heimfahrt war der Horror. Nachdem ich mich über eine riesige 3 spurige Kreisel-Kreuzung gequält habe (bei der ich nach einem Jahr noch schrecklich nachdenken muss, auf welche Spur ich muss) durfte ich sehen, dass die einzige Spur, die zu mir nach Hause führte von einem Polizeiauto versperrt wurde, da die Leute in der Innenstadt am ausrasten waren. So musste ich mich nochmal durch das Gebilde quälen und unter einer Unterführung durch, bei der ich immer Angst habe auf der Schräge abzuwürgen, wenn ich anfahren muss. Zum Glück ging alles glatt und abgesehen von Hupen und wilden auf der Straße rennen konnte ich fast entspannt nach Hause fahren. Dort bin ich dann auch sofort halb Tod ins Bett gefallen, weil mich letzte Nacht noch ziemlich aufgebracht hat..

18.07.2014

Seit ich aus der Klinik zurück bin, habe ich mich noch kein einziges Mal gewogen. Anfangs ging es mir damit sehr gut, mittlerweile habe ich schon wieder Angst, dass ich zu viel esse, was eigentlich nicht sein kann. Ich fühle mich, als hätte mein Körper wieder an Volumen zugenommen, sodass ich mich gar nicht auf die Waage traue. Dummerweise schaffe ich es auch nicht weniger zu essen um dann in einer Woche den Weg auf die Waage zu wagen und ein positives Ergebnis sehe.. Mittlerweile gehe ich fast täglich raus und gehe in die Stadt oder erledige Einkäufe für meine Mutter, gehe mit dem Hund und bei dem schönen Wetter auch ab und an im See schwimmen, aber fühle mich dennoch unglaublich fett und total unattraktiv.. Hoffentlich schaffe ich es, in den nächsten Tagen weniger in mich rein zu stopfen und kann mich bald auf die Waage trauen und zufrieden damit sein. Mein Wunschgewicht hat sich auch verändert. Früher wollte ich winzige 41/42 Kilo wiegen, mittlerweile bin ich mit 44 Kg vollkommen zufrieden und es klingt sogar machbarer als die abgemagerte 41...


22.07.2014

Heute kam endlich der Anruf, der nun auch die Zukunft meines Freundes gesichert hat. Er hat endlich eine Ausbildungstelle fest zugesagt bekommen, was mit fast 20 auch wirklich Zeit ist.. Meine Euphorie war fast größer als die meines Freundes, wahrscheinlich weil es für mich jetzt endlich "Netto Ade" heißt. Es war wahrscheinlich der Fehler des Jahres, dass ich ihm den Job dort besorgt habe, nachdem sie mich echt arschig abgewiesen haben, weil ich ja so zierlich und damit zu schwach gewesen sei. Wobei dazu gesagt sein sollte, dass ich selbst auf meiner jetzigen Arbeit volle Bierkisten schleppe und mein Freund eben diese nicht tragen darf und es auch nicht tut und obwohl ich mehr gekonnt habe als er haben sie ihn wie einen Star gefeiert und mich nur blöd von der Seite angestarrt. Ich habe so eine Wut auf den Supermarkt und ich bin seit Februar extrem eifersüchtig gewesen und habe mich dafür gehasst, dass er dort arbeitet. Umso motivierter war ich dann die Kündigung für meinen Freund zu schreiben und sie nachmittags gemeinsam mit ihm einzureichen. Natürlich wurde ich wieder blöd angemacht und mein Freund betrauert. Beinahe konnte ich mich nicht mehr halten und hätte da einen Wutausbruch bekommen.. Morgen muss er noch einmal hin, damit der zweite Chef sich um den Urlaub kümmern kann, weil sie Filialleiterin null Ahnung hatte, wie viel Urlaub ihm zusteht. Das ist son richtiger Rotzladen, der wirklich nichts auf die Reihe bekommt.. Zumindest hat mein Freund mir versprochen, Morgen um halb 10 mit Brötchen vor der Tür zu stehen und mit mir zusammen zu frühstücken. Mensch, da freue ich mich schon total drauf..

23.07.2014

Totaler Dreckstag! Aus dem Frühstück wurde nichts, weil Netto meinen Freund für heute noch versklavt. Dummerweise kann mein Freund nicht nachvollziehen wie sehr mich das verletzt hat. Ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind und dann kam wieder sone Scheiße dazwischen. Er sagte mit, dass er bis 13 Uhr arbeite und um kurz nach zu Hause sei. Für gewöhnlich wäre er dann um 13:13 Uhr zu Hause gewesen. Über SMS hat er mich nur angemotzt, weil ich ihn nerve. Um halb irgendwann meinte mir dann der Herr Bescheid geben zu müssen, dass er länger geblieben ist und  ich keinen Terz machen solle und er sowieso scheiße wütend auf mich sei. Logischerweise sind bei mir dann alle Dämme gebrochen, weil es eigentlich Abmachung ist, dass er mich vorher Bescheid gibt, wenn er länger bleiben muss.. Das hat ihm in der Klinik sogar ein Therapeut erklärt, dass ich eben sehr empfindlich auf sowas reagiere und es wichtig für mich und mein "Seelenglück" ist, dass er sowas immer vorher Bescheid gibt und wir dann weniger Streit haben würden. Ich war dann so sauer, dass ich erstmal seine Sachen aus dem Fenster und in den Müll warf, wofür ich dann wieder schrecklich angemotzt wurde. Schon den ganzen Tag bin ich unendlich sauer auf ihn. Es ist zwar nur eine Kleinigkeit, aber wirklich verzeihen will ich ihm dafür nicht. Es ist ja nicht so, dass es das erste, zweite oder sechzehnte mal vorkam, sondern dass es fast jedes Mal so geht. Er lernt einfach nicht, wie wichtig das alles für mich ist und wie viel er mit solchem Verhalten in mir töten kann..





1 Kommentar:

  1. Erstmal schön von dir zu hören ♥
    Blöd das dein Bruder so ausgetick tist :( gehts ihm wieder besser? Hoffentlich schafft er es von seiner 'freundin' loszukommen, das ist ja das allerletzte.
    Find das uach grad richtig gemein von deinem Freund, vor allem wenn ihm das noch erklärt wurde.
    Bin da auch total empfindlich...
    hoffentlich hattest du irgendwo doch noch nen schönen Resttag.

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