Herzensmenschen

Dienstag, 29. Juli 2014

Klinikaufenthalt

Da ich von einer lieben Bloggerin gefragt wurde, ob ich nicht ein wenig von meinem Klinikaufenthalt erzählen mag und ich das eigentlich sowieso machen wollte, nur wieder vergessen habe, hole ich das einfach jetzt nach.

Ich habe die Klinik in Oldenburg besucht. Ich kam auf eine S-Station. Das S steht dort für Sucht und Depression. Anfangs war ich überrascht, wieso ich auf die Station kam, denn immerhin trinke ich keinen Alkohol, rauche nicht und konsumiere auch sonst nichts. Trotzdem habe ich dem ganzen eine Chance gegeben. Auf meiner Station gab es immer zwei-Bett-Zimmer, welche ihr eigenes Bad hatten und relativ geräumig waren. Neben einer kleinen Küche, die wir alle benutzen konnten, dem Speiseraum und dem Aufenthaltsraum hatten wir auch einen kleinen Garten, in dem wir meiste Zeit saßen, sofern wir keine Therapien hatten.

 Wie ich schnell erfuhr war meine Station für die Stabilisierung der Menschen, das heißt dass wir bei uns keine Menschen hatten, die sich selbst zu der Zeit selbst verletzt haben oder selbstmordgefährdet waren, was, wie ich fand, die ganze Situation aufgelockert hatte. Ansonsten waren wir alle eine bunte Mischung, ich traf bei uns Borderliner, Menschen mit Schizophrenie, Süchten oder Depressionen. 
Gut fand ich, dass ich sofort integriert wurde und auch jeder verstand, wenn es mir nicht gut ging und ich allein sein wollte. 

Den Therapieplan fand ich aus sehr sympathisch. Jeder Morgen fing mit einem Spaziergang an, bei dem wir dann die Chance hatten in warmen und kalten Wasserbecken zu gehen und somit den Kreislauf in Schwung bringen konnten. 3x die Woche tragen wir uns um 7:30 Uhr um die Tagesziele zu benennen und auch sonstige Dinge anzusprechen. Montags hatten wir um 8:30 Uhr eine Runde, in der Wochenziele gesetzt und das Wochenende besprochen wurde. Freitags wurde in einer Runde die Woche reflektiert und Pläne für das Wochenende besprochen. Ansonsten hatte ich in der Woche einige Gruppen (Skilltraining, Infogruppen über Depressionen und Süchte, Achtsamkeitsübungen etc), welche alle 30-60 Minuten gingen. Dort lernte ich viele Werkzeuge und bekam Informationen, dennoch lag es allgemein bei mir, was ich damit anstellte.. Dazu gab es immer, mehr zur Ablenkung und zum Zeitvertreib sogenannte Therapien, wie Tanzen, Theater, Malen oder Bildhauerei. Diese wurden immer zweimal am Tag angeboten, was aber nicht heißt, dass man dort auch zweimal am Tag hin muss. Ich habe das die ersten 1,5 Wochen gemacht, danach habe ich an vielleicht 3-5 Therapien in der Woche teilgenommen, weil die Gruppen und anderen Dinge so viel Zeit in Anspruch genommen haben. 
Neben dem Therapieangebot wird man auch ärztlich durchgecheckt. Ich musste ins Krankenhaus und einen MRT machen lassen, wegen meinen Kopfschmerzen. Ich war beim Neurologen, beim EEG und EKG... Am Ende wurden mir Massagen verschrieben, welche ich dann direkt in der Klinik bekam, genauso wie Klangschalen, welche wider Erwarten sehr angenehm waren.


Fast alle Therapien und Gruppen waren um 16:00 Uhr zu Ende und es hat die Besuchszeit begonnen. Am Anfang der Therapie bekommst du nach dem Aufnahmegespräch einen Buchstabencode zugeteilt, welcher dann für den Freigang relevant war. Ich zum Beispiel war nicht Suizidgefährdet oder zu risikobereit, sodass ich auch das Gelände verlassen durfte. Von 16:00 bis 20:00 durfte man dann auch hingehen wo man wollte. 

Das erste Wochenende bekam ich nur Tagesurlaub und musste in der Klinik übernachten. Die Wochenenden danach hatte ich Belastungserprobung und sollte für eine Nacht zu Hause schlafen und wichtige Dinge darüber festhalten.  Nach dem Wochenende wurden dann unangenehme Situationen besprochen und Vorschläger zur Vermeidung gemacht, was ich besonders hilfreich fand.

3x die Woche hatten wir Visite. Montags mit dem Pflegepersonal - dort wurde besprochen, ob und wie uns das Pflegepersonal im einzelnen unterstützen kann, mittwochs war das Oberarztvisite, dort trafen wir auf Therapeuten, Oberärzte, Pflegepersonal, Sozialarbeiter und berichteten dort vom Wochenziel, besprachen die 'Anträge' auf Wochenendbeurlaubung etc und freitags war Therapievisite, dort besprach man letzte und wichtige Dinge mit dem Therapeuten. Zudem hatte jeder 1x die Woche ein Therapiegespräch und konnte bei sonstigen Anliegen noch extra Gespräche bekommen. 

Was ich noch total toll fand war, dass wir dort Tiere hatten. Enten, Tauben, Gänse, Pfaue, Hunde und sogar Wildschweine. Ich bin gern dort hinspaziert und habe sie beobachtet, aber das mache ich zu Hause ja auch gern. 

Alles in allem hat mir der Klinikaufenthalt von ca einem Monat sehr geholfen. Ich habe viele Werkzeuge, Informationen und Tricks erlernen können, mit denen ich den Alltag besser meistern kann. Dennoch sollte sich jeder, der dort hingeht, bewusst machen, dass es kein Zuckerschlecken wird und man hart arbeiten muss, denn seine Erfolge erarbeitet ein Jeder selbst. Dort erlernt man wie gesagt nur Werkzeuge, benutzen und einsetzen muss man diese allein. Auch auf die faule Haut legen ist nicht, da jedes Zimmer Aufgaben hat wie z.B. Wäschekeller, Garten, Küche oder Gemeinschaftsraum säubern, Blumen gießen etc.  und jeder war dafür zuständig, seinen Kram in den Geschirrspüler zu räumen, Kaffee zu kochen und Oberflächen abwischen. Ist man sich das alles bewusst und auch bereit zu tun, kann ich jedem einen Klinikaufenthalt nur empfehlen. 


1 Kommentar:

  1. Das hört sich echt nach ner super Klinik an.
    Nicht nur den Ablauf und das Angebot finde ich gut, sondern auch das es dir geholfen hat :):)

    AntwortenLöschen

Liebe Worte sind immer gern gesehen <3